KreaTief
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.



 
StartseiteNeueste BilderAnmeldenLogin

 

 Flucht

Nach unten 
5 verfasser
AutorNachricht
Schokohasi
zum anbeißen
zum anbeißen
Schokohasi


Weiblich Anzahl der Beiträge : 92
Alter : 33
Ort : Kuhkaff mit Kino ^^
Anmeldedatum : 16.08.08

Flucht Empty
BeitragThema: Flucht   Flucht Icon_minitimeMo Sep 29, 2008 12:59 am

Das ist ne ältere Geschichte von mir Grins

Flucht

Hektisch stopfe ich meine Lieblingsjeans und zwei T-Shirts in meinen Rucksack. Lesebrille,Zahnbürste,Kamm. Schnell muss es gehen. Aber leise. Meine Eltern sollen nicht aufwachen. Meinen Lieblingsplüschhasen. Der muss einfach mit. Ich kann ihn nicht hier lassen. Nicht hier bei den Verrückten. Auch Pig muss mit. Mum würde ihn sonst bestimmt verkaufen oder in den Gulli werfen. Dahin wo er „hingehört”. Handy,Geld und die Fahrkarte. In aller Ruhe schaue ich mich noch mal um,suche den Raum ab. Hoffentlich habe ich nichts vergessen. Dann setze ich Pig auf meine Brust,lasse ihn in meine Bluse krabbeln,damit er es schön warm hat. Schließlich werfe ich mir meine Jacke über,blicke noch einmal um mich. Alles im Rucksack,was für mich Wert hat. „Lass uns von hier abhauen.”,flüstere ich Pig zu,der wie zustimmend quiekt. Die Tür quietscht leise,als ich sie öffne,aber meine Eltern hören das so wie so nicht. Und wenn sie es hören,denken sie sicherlich,dass ich nur auf die Toilette gehe. Geschickt umschleiche ich die Dielen,die besonders knarren. Natürlich habe ich mir schon länger ausgeguckt,welche meinen „Ausbruchsversuch” verraten könnten. Ich seufze noch einmal,schaue mir noch ein letztes Mal die Familienfotos an der Wand an. Eine glückliche Familie. Ich,wie ich lächele. Alles Vergangenheit. Ich schüttele den Kopf, öffne dann die Haustür und trete in die kalte Nachtluft.
Es ist kälter,als ich gedacht habe. Fröstelnd ziehe ich die Jacke enger um mich. Bemerke wieder den warmen Fleck an meiner Brust,wo Pig sitzt und fast tröstend sein Köpfchen an mich schmiegt. Kurz halte ich ein,tätschele die Stelle. Pig bewegt sich,will aus der Bluse rauskommen und mich mit seinen Knopfaugen anschauen. Doch ich lasse es nicht zu,halte meine Jacke geschlossen. Ich will nicht seinen traurigen Blick sehen,wie er fast fragt: „Warum gehen wir aus dem warmen Haus weg?”. Er kann nicht wissen,wie missachtet ich mich fühle. Wie missverstanden. Wird man etwa nicht missachtet,wenn einem die Eltern verbieten,den Freund zu sehen,nur weil sie ihn nicht mögen? Ich halte es einfach nicht aus,Tränen rinnen mir übers Gesicht. Wieso wurde ich auch vor die Wahl gestellt,mich zwischen Familie und Liebe entscheiden zu müssen? Das ist nicht fair. Ich liebe meine Familie,aber sie können nicht wissen,was ich tief in mir fühle. Es zerreißt mich fast. Nur er kann mir nachfühlen. Weil es ihm ähnlich geht.
Unsicheren Schrittes gehe ich weiter zum Bahnhof. Dort wollen wir uns treffen. Beide in einen Zug steigen. Einfach weg fahren. Einfach so unsere Familien hinter uns lassen,unsere Probleme. In einer anderen Stadt,vielleicht auch in einem anderen Land ein neues Leben beginnen,so lange wir es noch können. Der Bahnhof ist nicht weit weg von unserem Haus,noch ein paar Schritte,dann bin ich da. Pig wird unruhig,will scheinbar an die frische Luft. Ich öffne den Reißverschluss meiner Jacke ein wenig,damit er raus kann. Sofort kriecht er hoch zu meiner Schulter,macht es sich dort gemütlich. Schemenhaft sehe ich eine Gestalt hinter dem dicken Glas der Bahnhofshalle. Nur diese eine. Wie automatisch gehe ich schnell,drücke die Tür auf. Laufe die letzten Meter zu ihm. Als er mich bemerkt,lässt er sofort seine Tasche fallen,schließt mich in seine kräftigen Arme. „Ich hab schon gedacht,du kneifst,Schönheit.”,flüstert er sanft,und streichelt über meinen Rücken,als er merkt,das ich weine. „Keine Angst,wir schaffen das. Zusammen packen wir die Scheisse.”,ermutigt er mich. Ich ziehe ihn nur noch fester an mich. Will ihn gar nicht mehr loslassen. Seine Hand wandert zu meiner Schulter hoch,streicht mit dem Zeigefinger über Pigs Kopf. „Gut,ihn hast du auch dabei. Der Zug ist schon da,wir können einsteigen.” Seine Stimme beruhigt mich ungemein. Mit zarter Bestimmtheit löst er meine Arme von sich,nimmt meine Hand. Unsere letzten Ersparnisse haben wir für die sündhaft teure Zugfahrt zusammen gekratzt. Direkt nach Berlin. Dort einfach noch mal anfangen. Gemeinsam gehen wir zum Gleis. Der Zug steht da,weiss,lang. Martin drückt meine Hand. Dann steigen wir ein. Im Zug ist es warm. Martin zieht mich in eins der Abteile,schließt die Tür hinter uns und öffnet das Fenster,um noch einmal raus schauen zu können. „Wir tun das jetzt wirklich,oder? Das ist nicht nur ein Traum?”,frage ich,stelle mich neben ihn. Die kühle Luft schlägt mir ins Gesicht. Die kühle Luft meiner Heimatstadt. „Ich kann es selbst nicht glauben. Wir sind wirklich im Begriff,abzuhauen...” Seine Stimme klingt fast andächtig. „Wir ziehn das jetzt also durch? Du willst nicht wieder zurück?”,fragt er,sein Blick herausfordernd. „Nein,ich hab genug. Ich mach keinen Rückzieher,wenn du es auch nicht tust.”,antworte ich,nehme Pig von meiner Schulter und halte die kleine Ratte zwischen meinen Händen. Er ist noch so klein. Wird noch wachsen. Hoffe ich. Martin lächelt,als Pigs Näschen zwischen meinen Fingern hindurch schaut und schnuppert. Er stupst es an. Pig quiekt wieder. Dann taucht ein Schaffner neben dem Fenster auf. „Schließen sie bitte das Fenster und setzen sich hin? Wir fahren ab.”,bittet er förmlich und geht den Zug weiter ab. „Verschwinden wir aus diesem verpesteten Drecksloch!”,murmelt Martin und schiebt das Fenster zu. Mir schießen wieder Tränen in die Augen. Da ist es also. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Jetzt verlasse ich meine Familie. Meine Freunde.
Der Zug rattert durch die Nacht. Martin starrt aus dem Fenster. Sieht vielleicht seine Vergangenheit an sich vorbei ziehen. Ich weiß es nicht. Jedenfalls bemerkt er meinen Blick nicht,ist zu sehr in Gedanken versunken. Völlig still und starr sitzt er da,nur seine Hand streichelt Pig abwesend. Auch ich habe es mit etwas Ablenkung versucht. Habe die Punkte auf den Sitzbezügen gezählt. Doch nachgedacht habe ich trotzdem. Ich sehne mich danach,dass Martin mich in den Arm nimmt,mich küsst,oder sonst etwas tut. Nur nicht einfach nur dasitzt und die Dunkelheit vor dem Fenster scheinbar wirklich interessanter findet als mich. Sein Blick ist irgendwie so kalt. So fremd. Ich weiß nicht,wie viel Zeit vergeht,bis Pig fiepst,scheinbar Hunger hat. Martin wendet seinen Blick verwirrt auf mich,als sei er gerade aus einer Art Trance erwacht. „Will er was fressen?”,fragt er,hält Pig hoch,der immer noch fiepst. Ich krame eine Packung Butterkekse aus meinem Rucksack,reiße sie auf und halte der Ratte einen Keks vor die Nase. Vorsichtig knabbert er daran. Martin zieht mir den Keks aus der Hand,hält ihn selbst. „Hast du auch deine Pillen dabei?”,fällt mir ein. Martin nickt,tätschelt Pig. „Muss ich gleich nehmen,gut dass du es sagst.” Seine Stimme klingt irgendwie seltsam verändert. Irgendwie erwachsener. Pig hat genug von den Streicheleinheiten. Er windet sich unter Martins Hand hervor. Schnell packe ich ihn in die Vordertasche meines Rucksacks,gebe ihm noch seinen Keks dazu und mache den Reißverschluss so weit zu,dass er nicht mehr raus kann. Dann legt Martin endlich den Arm um mich,beugt sich vor und zieht das Rollo an der Abteiltür runter. Geschickt fischt er einen Butterkeks aus der Packung und lässt ihn über meine Lippen gleiten. Ich beiße rein,geniesse den Geschmack. Wie lang habe ich schon keine Kekse mehr gegessen? Auch Martin kaut auf einem Keks rum,den Arm fast schützend um mich geschlungen. „Was machen wir eigentlich in Berlin? Wir haben keine Wohnung,nichts.” Martin beugt sich tief zu mir runter,küsst mich ganz zärtlich. Die ganzen zwei Wochen,in denen wir uns nicht sehen durften,musste ich mir immer wieder dieses wunderbare Gefühl ins Gedächtnis rufen,um die Herzschmerzen auszuhalten. Dieses wunderbare Gefühl,wenn seine Lippen meine berühren. Ich mich ihm ganz nah fühle. Langsam löst er sich wieder von mir. „Wir fangen einfach noch mal von vorne an. Glaub mir,wir schaffen das schon irgendwie.”,flüstert er. Dann dreht er sich um und kramt in seiner Tasche nach seinem Pillendöschen. Ich währenddessen schnappe mir Pigs Trinkflasche und halte sie in die Vordertasche. Fast gierig trinkt Pig einige Züge,zieht sich dann wieder zurück. Martin nimmt ebenfalls einen Schluck aus seiner Wasserflasche,um seine Medizin runter zu spülen. Kurz verzieht er angewidert das Gesicht,schluckt. Der Zug fährt weiter durch die Nacht. Es wird noch dauern,bis wir in Berlin sind.
Nach oben Nach unten
https://kreatief.forumieren.de
ColdReader
co-admin
co-admin
ColdReader


Männlich Anzahl der Beiträge : 118
Alter : 33
Anmeldedatum : 16.08.08

Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitimeMo Sep 29, 2008 1:08 am

aaaaaah, ich glücklicher mensch hab sie exklusiv vorgelesen bekommen! *total in geschichte versunken war* das is kurzfilm-reif!
Nach oben Nach unten
Haikölschen
Kreativer Freak
Kreativer Freak
Haikölschen


Weiblich Anzahl der Beiträge : 99
Alter : 36
Ort : KÖLLE
Anmeldedatum : 17.08.08

Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitimeMo Sep 29, 2008 5:45 pm

das is toll^^
Nach oben Nach unten
http://haikoelschen.oyla16.de/cgi-bin/hpm_homepage.cgi
Gilrael
Inspiriert
Inspiriert
Gilrael


Weiblich Anzahl der Beiträge : 42
Alter : 31
Ort : Hausach
Anmeldedatum : 18.08.08

Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitimeMo Sep 29, 2008 11:18 pm

Voll schön *.* *überwältigt*
Nach oben Nach unten
http://rocktheworld.oyla15.de
Leth
Grünschnabel
Grünschnabel
Leth


Männlich Anzahl der Beiträge : 8
Alter : 31
Anmeldedatum : 26.10.08

Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitimeSo Okt 26, 2008 8:37 pm

Tja, was soll man dazu noch sagen...

Wirklich einfach nur große Klasse!
Nach oben Nach unten
Schokohasi
zum anbeißen
zum anbeißen
Schokohasi


Weiblich Anzahl der Beiträge : 92
Alter : 33
Ort : Kuhkaff mit Kino ^^
Anmeldedatum : 16.08.08

Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitimeMo Nov 03, 2008 8:52 pm

Danke für die netten Kommis ^^
Die Geschichte ist für meine Verhältnisse echt alt,das war eins einer ersten werke als ich vor 3 Jahren wieder angefangen hab zu schreiben ^^
Nach oben Nach unten
https://kreatief.forumieren.de
Gesponserte Inhalte





Flucht Empty
BeitragThema: Re: Flucht   Flucht Icon_minitime

Nach oben Nach unten
 
Flucht
Nach oben 
Seite 1 von 1

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
KreaTief :: Welt eurer Werke :: Geschichten-
Gehe zu: